• Frage: Machen Sie große wissenschaftliche Entdeckungen?

    Frage gestellt hear7max am 14 Feb 2022.
    • Foto: Ines Perrar

      Ines Perrar Beantwortet am 14 Feb 2022:


      Vielleicht auf den ersten Blick unbedeutend oder keine große Entdeckung, wie man es auch den Biologiebüchern kennt. Ich persönlich finde aber, dass jede noch so kleinste wissenschaftliche Erkenntniss ein großer Erfolg ist.

      Ich habe mit meiner Doktorarbeit z.B. dazu beigetragen, dass wir mehr darüber wissen, wie viel Zucker Kinder und Jugendliche in Deutschland überhaupt essen, ob es die letzten Jahre mehr oder weniger geworden ist und aus welchen Lebensmitteln dieser vorwiegend aufgenommen wird. Die Ergebnisse sind schon in die Empfehlung zur Zuckerzufuhr der Deutschen Gesellschaft für Ernährung eingeflossen.

    • Foto: Isabell Ramming

      Isabell Ramming Beantwortet am 14 Feb 2022:


      Die Frage ist sehr schwer zu beantworten.

      Manchmal ist es eine große Entdeckung. Manchmal werden aber auch erst die Puzzleteile erforscht, die anderen Wissenschaftlern helfen können, das Thema besser zu verstehen (was auch viel helfen kann).

      Wenn sich Menschen mit den Bakterien infizieren, an denen ich forsche (EHEC; da gab es einen großen Ausbruch in Deutschland vor knapp 10 Jahren), sollte der Arzt kein Antibiotikum geben (damit die Erkrankung nicht noch schlimmer wird). Aber: Wir behandeln Bakterien genau damit.

      Während meiner Bachelorarbeit habe ich untersucht, ob es vielleicht doch ein Antibiotikum gibt, das passt. Diese Ergebnisse können in Zukunft helfen, die Behandlung von Infektionen zu verbessern.

    • Foto: Klaus Geiselhart

      Klaus Geiselhart Beantwortet am 14 Feb 2022:


      Entdeckung ist ein komisches Wort. Das klingt irgendwie so als sei etwas bisher verborgen gewesen und wurde nun zum ersten Mal erblickt. Ich habe ein anderes Wissenschaftsverständnis. Spätestens seit der Quantenmechanik wissen wir, dass auch natürliche Phänomene beobachterabhängig sind. Das heißt, wir entwickeln immer nur Ansätze zur Erklärung der Wirklichkeit, die Fragestellungen unserer aktuellen historischen Situation beantworten. Ein Beispiel. Als die Genetik entwickelt wurde glaubte man, dass die Gene ein Lebenwesen determinieren. Jahre später hat die Epigenetik dann erkannt, dass soziale Erfahrungen die Gene beinflussen. Viele Viehzüchter wissen das traditionell seit sehr langem. Ihr Wissen galt in der Zeit in der die Genetik aufkam als widerlegt, heute muss man es aber wieder rehabilitieren. In der Bibel steht schon, dass die Sünden der Menschen sie noch Generationen lang verfolgen werden. Heute weiß man, dass psychische Traumatisierungen vererbbar sind. Hat die Epigenetik also etwas entdeckt? Sicherlich erlaubt sie einen anderen Umgang mit Vererbbarkeit und eröffnet neue Optionen, aber das Phänomen selbst ist doch seit langem bekannt. Was meinen Sie?

    • Foto: Melina Winkler

      Melina Winkler Beantwortet am 14 Feb 2022:


      Ob es große Entdeckungen sind, liegt im Auge des Betrachters. Die Entdeckungen, die die meisten Wissenschaftler machen, sind nicht so groß, dass sich viele andere Menschen dafür interessieren, die selbst keine Wissenschaftler sind. Einer großen Entdeckungen gehen aber immer viele kleine Entdeckungen voraus. Die sind oft nur für andere Wissenschaftler des gleichen Fachbereichs interessant, sind aber super wichtig für den Fortschritt. Wenn man sich intensiv mit einem Thema beschäftigt, dann sind auch die ganz kleinen Schritte etwas Tolles, worüber man sich sehr freuen kann. Von solchen „kleinen Schritten“ habe ich schon ein paar gemacht.

    • Foto: Amelie Haugg

      Amelie Haugg Beantwortet am 14 Feb 2022:


      Meine Forschung trägt sicherlich nur einen sehr kleinen Teil zu einer sehr großen Fragestellung bei. Aber für die PatientInnen, die an unseren Studien teilnehmen, kann es trotzdem viel bedeuten, wenn ihr eigenes Leben durch die Studienteilnahme verbessert wird. An den Psychiatrien, an denen ich arbeite/gearbeitet habe, geht es oft darum, die Lebensqualität der PatientInnen zu steigern und deren Symptome zu verbessern. Dadurch werden die Patienten in der Regel nicht vollständig „geheilt“, aber es ist trotzdem ein Schritt in die richtige Richtung und gibt den PatientInnen Hoffnung, dass sich ihre Krankheit bessern kann.
      Dennoch hoffe ich sehr, dass es auch in der Psychiatrie-Forschung bald endlich mal wieder große Durchbrüche gibt. Die neuen heißen Themen, die gerade in aller Munde sind, sind: Ketamin, LSD, und Digital Mental Health. Ich bin gespannt!

    • Foto: Berit Zeller-Plumhoff

      Berit Zeller-Plumhoff Beantwortet am 15 Feb 2022:


      Die meisten Forschungsergebnisse heutzutage sind glaube ich kleine Fortschritte, die gesamtheitlich zu großen wissenschaftlichen Entdeckungen beitragen. Je nach Forschungsgebiet kann die Beudetung der Entdeckung für die Gesellschaft aber auch sicherlich noch viele Jahre in der Zukunft liegen.
      Meine eigene Forschung untersucht sowohl Mechanismen des Implantatabbaus, als auch wie sich der Knochen um abbaubare Implantate verhält. Damit können wir Aussagen über die Eignung eines bestimmten Implantatmaterials für die Unterstützung der Knochenheilung machen.

    • Foto: Tessa Schulenkorf

      Tessa Schulenkorf Beantwortet am 15 Feb 2022:


      Manchmal habe ich für mich spannende Erkenntnisse, wenn ich bestimmte Bücher oder Artikel lese, die dann wiederum in meine neuen Gedanken und Arbeiten einfließen. Für mich sind das dann große Entdeckungen – ich denke aber, dass das Viele nicht so sehen würden. Mir genügt es, wenn ich mit meinen Erkenntnissen, den anderen Wissenschaftler:innen in meinem Forschungsbereich helfen kann bzw. dazu beitragen kann, dass diese ebenfalls an den Themen weiter arbeiten können. Überall auf der Welt gibt es Forscher:innen, die zum gleichen Thema wie ich forschen und man kann sagen, dass wir alle versuchen ein großes Puzzle zu puzzlen und uns gegenseitig helfen, dieses fertig zu stellen. Auch, wenn es vermutlich niemals ganz fertig wird – man wird sicherlich immer neue Fragestellungen entdecken, die es zu beantworten gilt.

    • Foto: Thomas Kammertoens

      Thomas Kammertoens Beantwortet am 16 Feb 2022:


      Ich finde, das ist eine gute Frage, da sie zum Nachdenken anregt.

      Was ist eine Entdeckung und wie werden Entdeckungen gemacht? Ich denke, wie viele meiner KollegInnen schon ausgeführt haben, tragen wir alle dazu bei, dass sich das Wissen (meistens in kleinen Schritten) vermehrt. Von Zeit zu Zeit gibt es größere Durchbrüche oder Revolutionen im Denken, die aber alle auf vorherige Arbeiten aufbauen.

      In der Wissenschaft gibt es zumeist keine perfekte Mona Lisa, kein vollendet Kunstwerk, dass sich nicht mehr ändert. Wir finden etwas heraus und nach uns verwenden die Menschen die Gedanken und Experimente und ggf. widerlegen sie unsere Hypothesen. So tasten wir uns voran, manche Theorien und Hypothesen sind brauchbar und gelten lange (z.B. Evolutionstheorie von Darwin) – aber sie bilden nie die „Wirklichkeit“ komplett ab, wir tasten uns nur an sie heran.

      Lange Zeit hieß es Bakterien haben kein Immunsystem. Dann haben Genetiker herausgefunden, dass sich Bakterien gegen Viren wehren, indem sie flexible genetische Scheren gegen spezifische Viren in ihre DNA kopieren und einbauen (das CRISPR CAS System). Diese Entdeckung spricht aus meiner Sicht gegen zwei Dogmen: Bakterien haben kein Immunsystem und die genetische Weitergabe zufällig erworbener Eigenschaften (also Lamark und nicht Darwin). Als dann Kollegen herausgefunden haben, dass diese genetischen Scheren aus den Bakterien benutzt werden können, um DNA maßzuschneidern, gab es 2020 den Nobelpreis für diese Entdeckung.

      Ich glaube, die wichtigste Grundlage der Wissenschaft ist die Frage, die Fragestellung oder die Hypothese. Dazu müssen wir Wissenschaftler oft miteinander reden, ist das was ich herausfinden möchte schon bekannt, ist die Frage relevant oder originell. Ob die Arbeit, also die Antwort dann zu einer Entdeckung beiträgt ist ein bisschen Zufall.

      Also entscheidet über die Größe der Entdeckung aus meiner Sicht etwas der Zufall und wie mutig und originell wir unsere Fragen an die Natur stellen.

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